Der Elephant Mountain ist zwar der berühmteste Aussichtspunkt bei Taipei, aber ein Hike der 4 beasts bietet noch mehr.
Ich hätte nicht gedacht, daß Taipeh so im Grünen liegt. Die Stadt liegt in einem Tal, umgeben von dicht bewachsenen Bergen. Meine Suche nach schönen Hiking Trails hat mir tausende von Möglichkeiten eröffnet. Natürlich kommt man an dem berühmten Elephant Mountain nicht vorbei. Doch in den Nangang Bergen der Sishou Mountain Citizen Forest Area im Xinyi District ist der Elephant Mountain ist nur einer der vier Aussichtspunkte (den sog. ‚4 beasts‚), die alle hintereinander auf einer Wanderroute liegen: Tiger Mountain (Hushan/虎山), Leopard Mountain (Baoshan/豹山), Lion Mountain (Shishan/獅山), Elephant Mountain (Xiangshan/象山). Fast parallel, aber einiges höher zu der Route der four beasts verläuft ein Hiking Trail, der zu den beiden (fast) nebeneinander liegenden Aussichtspunkten 9-5 Peak (Jiuwufeng / Jiufwu Peak) und Nangnagn Mountain und weiter südwestlich zum Thumb Mountain (Muzhishan) führt. Es gibt rund um den Nangang Mountain noch viele andere Wanderwege, die man auch gut miteinander verknüpfen kann, da einige miteinander verbunden sind.
Beginnen möchte ich die Route der Wanderung der four beasts mit dem Tiger Mountain, da dieser Teil des Trails bei Dunkelheit nicht beleuchtet ist, der Elephant Mountain Trail hingegen schon. Außerdem ist man am Peak des Elephant Mountain näher am Taipei 101, und der Blick auf die beleuchtete Stadt Taipeh am Abend ist von hier aus wirklich so schön wie allseits belobt.
Als Startpunkt der hiking-tour our beasts wähle ich den Eingang beim Sung Shan Tsu Huei Tempel. Ich überlege, ob ich mit der MRT Blue line bis Houshanpi Station fahre, gehe aber doch zu Fuß, um bei der Gelegenheit auch gleich mal die kleinen Straßen und damit mehr vom Taipeh kennenzulernen. Per Maps orientiere ich mich Richtung Fude Street mit seiner Fude Elementary School, und schon auf der Lane 268, Fude Street sehe ich die ersten Hinweisschilder zum Hushan Hiking Trail und dem Sung Shan Tsu Huei Tempel. Das muss ich Taipeh wirklich sehr zugute halten: in Sachen Ausschilderung von Sehenswürdigkeiten ist die Stadt wirklich sehr gut aufgestellt! An der Straßenkreuzung zur weiterführenden Lane 251, Fude Street lässt ein wunderschön buntes Tor darauf schließen, dass der Sung Shan Tsu Huei Tempel nicht mehr weit ist. Ich mag das sehr, wenn man schon vor Erreichen eines Ziels Dinge sieht, die einem das Gefühl geben, auf dem richtigen Weg zu sein.
Direkt am Ende der Straße bzw in der Kurve, die dann hoch zum Sung Shan Tsu Huei Tempel führt, ist auch der Eingang zum Hushan Hiking Trail, gut erkennbar an dem skulpturartigen Eingangsschild in chinesischen roten Schriftzeichen für „Si-Shou Shan Public Forest„. Aber wenn ich schonmal hier bin, gucke ich mir vorher noch den Tempel an. Es lohnt sich tatsächlich. Ich lande auf einem unglaublich großen Plateau mit toller Aussicht, und der Tempel selbst ist auch beeindruckend. Vor allem die golden verzierte Decke ist pompös!
Die ersten Meter des Tiger Mountain Trail laufe ich einen steinernen Weg wie durch einen angelegten Garten, dem Hu Shan Creek, bis die Treppe beginnt. Ab jetzt kann man Stufen zählen, als es zum Tiger Mountain hoch geht. Ich habe tatsächlich versucht, die Stufen zu zählen, bin aber irgendwo bei 396 aus der Konzentration gekommen. Hätte ich gewusst, dass mein ganzer Weg bis zum Elephant Mountain so treppenreich ist, hätte ich lachend abgewunken.
Am Ende der ersten Treppen-Arie lande ich auf einer „normalen“ Straßen, die ich bis zum Yaochi Tempel gehe. Von dort führt ein Weg zum Aussichtspunkt Leopard Mountain, den ich richtig klasse finde! Dieser Aussichtspunkt wird meiner Meinung nach unterschätzt und viel zu wenig beachtet. Wie schade, denn man hat freie und weite Sicht über Taipeh.
Ein geplasterter Weg führt hinter dem Yaochi Tempel Tempel weiter. Warum ich nicht die Straße geradeaus weiter gegangen bin, weiß ich bis heute nicht. Sie hätte mich ohne Umschweife zum Elephant Mountain Peak geführt. Dadurch bin ich auch nicht am Lion Mountain gewesen, aber da dieser eh keinen Aussichtspunkt hat, sondern einfach nur eine Stelle des Trails ist, habe ich nichts verpasst.
Jedenfalls werde ich von zwei Einheimischen Hikern überholt und gefragt, wo ich hin möchte, und ich nenne den Elephant Mountain. Daraufhin – noch seltsamer, als mein eigenes Abbiegen – erklären sie mir, ich solle etwas den Weg zurück zu dem Häuschen mit blauem Wellblechdach gehen. Dort ginge ein unscheinbarer Weg ab, der als Abkürzung den Berg hoch führt. Es sei zwar steil, aber es gäbe ein ‚rope‚, ein Seil. Davon hatte ich schon gelesen und dachte mir nichts weiter dabei. Doch damit begann auch das halsbrecherische Abenteuer!
Der Anfang mit den kleinen Steinen endete schon mach wenigen Metern und wurde zu einem immer schmaleren Trampelpfad mit immer größeren Steinbrocken. Nach ein paar Minuten erreichte ich dann das Seil, an dem ich mich den inzwischen ca 60° steilen „Weg“ hoch hangelte. Noch ahnte ich nicht, dass es schlimmer und gefährlicher wird. Aus platt getretener Erde wurde eine Felswand mit dicken Baumwurzeln bei ca 70° Steigung. Ich brauchte inzwischen beide Hände zum Klettern. „Die haben ja Nerven hier“, ging es mir durch den Kopf. Das hatte mit „Hiking Trail“ nicht mehr viel zu tun! Nach ca 20 Minuten erreichte ich abgekämft eine Art kleinen Felsvorsprung und dachte, ich bin im falschen Film: ich stand vor einer 90°-Steilwand, bei der man erstmal ein Stück eigenständig hochklettern musste, um das herab hängende Seilende ergreifen zu können! Aber es kam noch dicker: nach ein paar Metern hing zusätzlich eine Art Wäscheleine herunter und in der sehr glatten Felswand waren eiserne Steigbügel eingezimmert!! Mit dicken Wanderschuhen auf schmalen Felsabsätzen Halt finden, auf den Steigbügeln nicht abrutschen und das Seil um das linke Handgelenk, die Wäscheleine um das rechte Handgelenk abwechselnd fest wickeln, wieder lösen und höher greifen, wieder fest wickeln. Also wenn die Strecke vorher schon krass und nciht ungefährlich ist – die Steilwand sehe ich mehr als kritisch! Wenn man da abrutscht, fällt man sehr tief, bricht sich Knochen oder reißt sich Sehnen. Und wie bekommt man hilfe, wenn man allein ist?!
Ob angekommen stellt sich heraus, ich bin am Nine-Five-Peak (Jiuwufeng / Jiufwu Peak). Das Toilettenhäuschen ist für mich ausnahmsweise total uninteressant, ich habe bei der Klettertour gefühlt meine komplette Körperflüssigkeit verloren. Es ist spät geworden, ich gehe links die paar Meter zum Nangang Mountain Peak, genieße eine zeitlang den weiten Blick und folge dann Leuten Richtung Trail-Finale. Dabei komme ich immer wieder an Stellen vorbei, von denen man eine schöne Aussicht hat, vielleicht war eine davon auch der Thumb Mountain. Zum Nachgucken fehlte mir die Muße. Ich nehme mir dennoch an einer Stelle eine halbe Stunde Zeit, um zu beobachten, wie immer mehr bunte Lichter Taipei verzaubern. Ein wunderschönes Erlebnis!
Die Treppen vom Nangang Mountain nehmen scheinbar kein Ende bis zum Elephant Mountain, aber der Ausblick auf Taipeh bei Nacht entlohnt!
Inzwischen sind die meisten Spaziergänger und Wanderer gegangen – ich gehe allein, und es ist wirklich gut, dass der Weg beleuchtet ist!
Erschöpft und hungrig halte ich Ausschau nach einem netten Food-Lokal und komme schnell an der Noodle Bar (No. 2-2號, Alley 14, Lane 150, Section 5, Xinyi Road) vorbei, die sehr einladend und gemütlich aussieht. Auch das Ramen-Gericht scheint jetzt genau das Richtige, und so schmeckt es auch: richtig lecker!